Mittwoch, 17. Dezember 2008
Sit down!
250 ArbeiterInnen haben seit dem 5. Dezember die "Republic Windows"-Fabrik in Chicago, die geschlossen werden soll, besetzt gehalten - und haben damit nicht nur nach wenigen Tagen ihre Forderungen gegenüber der "Bank of America" und anderen Gläubigern auf Zahlung ausstehender Löhne und Sozialleistungen durchsetzen können; es besteht offenbar die Chance einer Fortführung von "Republic" in Belegschaftsregie. Sie setzten mit ihrer praktischen Erinnerung an die in den 1930er Jahren in den USA beliebten sit-down strikes (buchstäblich) auch ein Symbol - für eine Art der zu erhoffenden Neuanfänge (siehe 13.12.08). Hier ist ein Link zu einem Blog von Scott McLemee, überschrieben mit Workers' Republic, wo sich auch ein Video zur Betriebsbesetzung findet.
Montag, 15. Dezember 2008
Wozu dieses Buch?
Wie angekündigt, werde ich in der Folge einige Anmerkungen zu dem Buch Imaginäre Bedeutungen und historische Schranken der Erkenntnis. Eine Kritik an Cornelius Castoriadis von Michael Sommer und Dieter Wolf machen. Das Buch hat 260 Seiten und besteht aus drei umfangreichen Teilen. Es geht mir hier nicht darum (und es wäre im Rahmen eines „Blog“ wohl auch wenig sinnvoll), allem was da ausgebreitet wird – wovon Vieles übrigens auch recht wenig mit Castoriadis zu tun hat - , gerecht werden zu wollen und zu können. Notieren möchte ich nur einige Auffälligkeiten, die zum Gutteil für sich selbst sprechen dürften und die womöglich von etwas allgemeinerer Bedeutung sind, sowie einige daran anknüpfende Überlegungen – in der Hoffnung, dass diese Notizen zum Einstieg in eine Diskussion anregen.
Wozu also zunächst dieses Buch? Wie gesagt: 260 als „Kritik an Cornelius Castoriadis“ annoncierte Seiten. Angesichts dieses Aufwands notierenswert sind gleich zu Beginn gefällte vielsagende Urteile wie diese: „Theoretiker, die von einer (…) kritischen Auseinandersetzung mit Marx’ Theorie wesentliche Einsichten in die kapitalistische Gesellschaft erwarten, halten Castoriadis’ ‚schonungslose Kritik’ an Marx’ Theorie für so primitiv und falsch, dass ihnen eine weitere und eingehendere Beschäftigung mit Castoriadis’ politischer Theorie unergiebig und wenig sinnvoll erscheint. Andere Theoretiker, die der gleichen Meinung sind, was die Untauglichkeit der Kritik an Marx anbelangt, und dennoch bereit sind, sich mit der politischen Philosophie von Castoriadis auseinanderzusetzen, könnten schnell zu der Einsicht gelangen, dass diese überflüssig ist.“ (S. 11) Man fragt sich natürlich - einmal abgesehen davon, dass weder diese noch jene „Theoretiker“ namentlich genannt werden - , warum man sich dann eigentlich durch viele Seiten „Auseinandersetzung“ mit einer derart primitiven, falschen und überflüssigen Theorie quälen soll.
Beantwortet wird diese Frage im „Editorial“ des Buches, wo die Autoren als Motiv nicht nur eine „spürbare ‚Renaissance’ des Werkes von Cornelius Castoriadis“ (S. 6) anführen, sondern ihn auch einer „Tendenz“ zuordnen, die sich heute „in der Auseinandersetzung mit dem Kapital von Karl Marx“ bemerkbar mache (S. 5). Diese Tendenz repräsentiere eine „Kritik an ‚strukturfetischistischen’, für menschliches Handeln keinen Platz lassenden Interpretationen des Kapitals“ (S. 6) und klage Konzepte wie „Praxis“, „Kampf“ und „Widerspruch“ ein; als weiterer Vertreter einer solchen Tendenz wird John Holloway (z.B.: Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen, Münster 2002) ausgemacht (S. 5). Die ganze vermeintlich "anti-strukturfetischistische" Tendenz soll also getroffen werden. Aber außerdem geht es auch noch um einen „Beitrag zur Interpretation der Kritik der politischen Ökonomie“ sowie schließlich darum, „mit Hilfe des Marxschen Kapitals die Bedingungen einer emanzipatorischen Praxis aufzuzeigen“ (S. 6). Eine Kritik an Castoriadis? Castoriadis doch wohl eher als "Aufhänger" für Anderes. Hätte nicht, fragt man sich schon nach wenigen Seiten und weiter das ganze Buch hindurch, der korrektere Untertitel lauten müssen: "Eine Apologie des Kapitals“?
Der Ton, der hier die Musik macht, ist unmissverständlich: Castoriadis hat sich mit seiner „total falsch begründet(en)“ (S. 20) Theorie in „ebenso oberflächlicher wie tendenziöser Interpretation“ (S. 16) sowie mittels „vor Vagheit strotzende(r) Andeutungen“ (S. 21), nicht zuletzt „in denunzierender Absicht“ (S. 26), „ebenso absurd wie primitiv“ (S. 32 et pass.) vielfältigste „Verballhornungen“ und eine "platte und platt machende Kritik“ (S. 31) „zurechtphantasiert“ (S. 17). (Auf S. 32 habe ich die Markierung derartiger Qualifizierungen aufgegeben. Liege ich falsch, wenn ich da einen gewissen Einfluss der stilistischen Subtilitäten des Genossen Lenin herauszuhören meine?) Aber jenem Abgrund von Primitivität, Dummheit, Sinnlosigkeit und Hinterlist stehen sie eben zum Glück, klipp und klar und felsenfest, gegenüber: Die wahre Wissenschaft, d.i. der Eine Marx, - der „die ökonomisch-gesellschaftliche Wirklichkeit in einer für die Philosophen und Ökonomen unerreichbaren Breite und Tiefe erfasst“ hat (S. 23) und dessen Kapital „zum Verständnis der kapitalistischen Produktionsweise (…) nach wie vor den besten Beitrag“ liefert (S. 17, Anm. 31: eine zustimmend zitierte Formulierung von Michael Heinrich).
Damit sind die Rollen (bzw. Charaktermasken) verteilt. Weitere Worte über die entsprechenden Inhalte folgen in Kürze.
Wozu also zunächst dieses Buch? Wie gesagt: 260 als „Kritik an Cornelius Castoriadis“ annoncierte Seiten. Angesichts dieses Aufwands notierenswert sind gleich zu Beginn gefällte vielsagende Urteile wie diese: „Theoretiker, die von einer (…) kritischen Auseinandersetzung mit Marx’ Theorie wesentliche Einsichten in die kapitalistische Gesellschaft erwarten, halten Castoriadis’ ‚schonungslose Kritik’ an Marx’ Theorie für so primitiv und falsch, dass ihnen eine weitere und eingehendere Beschäftigung mit Castoriadis’ politischer Theorie unergiebig und wenig sinnvoll erscheint. Andere Theoretiker, die der gleichen Meinung sind, was die Untauglichkeit der Kritik an Marx anbelangt, und dennoch bereit sind, sich mit der politischen Philosophie von Castoriadis auseinanderzusetzen, könnten schnell zu der Einsicht gelangen, dass diese überflüssig ist.“ (S. 11) Man fragt sich natürlich - einmal abgesehen davon, dass weder diese noch jene „Theoretiker“ namentlich genannt werden - , warum man sich dann eigentlich durch viele Seiten „Auseinandersetzung“ mit einer derart primitiven, falschen und überflüssigen Theorie quälen soll.
Beantwortet wird diese Frage im „Editorial“ des Buches, wo die Autoren als Motiv nicht nur eine „spürbare ‚Renaissance’ des Werkes von Cornelius Castoriadis“ (S. 6) anführen, sondern ihn auch einer „Tendenz“ zuordnen, die sich heute „in der Auseinandersetzung mit dem Kapital von Karl Marx“ bemerkbar mache (S. 5). Diese Tendenz repräsentiere eine „Kritik an ‚strukturfetischistischen’, für menschliches Handeln keinen Platz lassenden Interpretationen des Kapitals“ (S. 6) und klage Konzepte wie „Praxis“, „Kampf“ und „Widerspruch“ ein; als weiterer Vertreter einer solchen Tendenz wird John Holloway (z.B.: Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen, Münster 2002) ausgemacht (S. 5). Die ganze vermeintlich "anti-strukturfetischistische" Tendenz soll also getroffen werden. Aber außerdem geht es auch noch um einen „Beitrag zur Interpretation der Kritik der politischen Ökonomie“ sowie schließlich darum, „mit Hilfe des Marxschen Kapitals die Bedingungen einer emanzipatorischen Praxis aufzuzeigen“ (S. 6). Eine Kritik an Castoriadis? Castoriadis doch wohl eher als "Aufhänger" für Anderes. Hätte nicht, fragt man sich schon nach wenigen Seiten und weiter das ganze Buch hindurch, der korrektere Untertitel lauten müssen: "Eine Apologie des Kapitals“?
Der Ton, der hier die Musik macht, ist unmissverständlich: Castoriadis hat sich mit seiner „total falsch begründet(en)“ (S. 20) Theorie in „ebenso oberflächlicher wie tendenziöser Interpretation“ (S. 16) sowie mittels „vor Vagheit strotzende(r) Andeutungen“ (S. 21), nicht zuletzt „in denunzierender Absicht“ (S. 26), „ebenso absurd wie primitiv“ (S. 32 et pass.) vielfältigste „Verballhornungen“ und eine "platte und platt machende Kritik“ (S. 31) „zurechtphantasiert“ (S. 17). (Auf S. 32 habe ich die Markierung derartiger Qualifizierungen aufgegeben. Liege ich falsch, wenn ich da einen gewissen Einfluss der stilistischen Subtilitäten des Genossen Lenin herauszuhören meine?) Aber jenem Abgrund von Primitivität, Dummheit, Sinnlosigkeit und Hinterlist stehen sie eben zum Glück, klipp und klar und felsenfest, gegenüber: Die wahre Wissenschaft, d.i. der Eine Marx, - der „die ökonomisch-gesellschaftliche Wirklichkeit in einer für die Philosophen und Ökonomen unerreichbaren Breite und Tiefe erfasst“ hat (S. 23) und dessen Kapital „zum Verständnis der kapitalistischen Produktionsweise (…) nach wie vor den besten Beitrag“ liefert (S. 17, Anm. 31: eine zustimmend zitierte Formulierung von Michael Heinrich).
Damit sind die Rollen (bzw. Charaktermasken) verteilt. Weitere Worte über die entsprechenden Inhalte folgen in Kürze.
Samstag, 13. Dezember 2008
Endlich wieder Marx!
In Zeiten, in denen die Unfälle des Kapitalismus besorgniserregende Ausmaße annehmen und alles nach radikalen, phantasievollen, selbstbestimmten, gemeinsam überdachten, machtvoll durch- und solidarisch umgesetzten Neuanfängen in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen schreit - wollen alle nur Sicherheit. Sicherheit der Einlagen, Sicherheit des Konsum(zwang)s, Sicherheit der Renten etc. Und im Bereich der geistigen Produktion und Konsumtion: Suche und Sucht nach Sicherheit des Denkens.
Dieses Sicherheitsbedürfnis wird offenbar gegenwärtig z.T. auch durch eine "Renaissance" von Marx und Marxismus befriedigt. Das Kapital wird als "Buch zur Finanzkrise" neu entdeckt, und bundesweit bemühen sich Heerscharen geschulter "Linker" der neuen StudentInnengeneration die (seit 140 Jahren) gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse marxistischer Kapitalismusanalyse und -kritik einzuimpfen (z.B. hier nachzulesen).
In diesem Zusammenhang wird auch Cornelius Castoriadis - als einer, der immer zwischen den Stühlen bzw. Ruinen der gescheiterten vergangenen Emanzipationsbewegungen saß, um Auswege aus den historischen Sackgassen zu suchen, die jene mit geschaffen hatten - zur Zielscheibe der Sicherheit suchenden "Kritik", wie auch andere nicht- und nachmarxistischen Anläufe zu einer Neubestimmung der sich heute stellenden theoretischen wie praktischen Fragen einer Autonomiebewegung. Das Buch Imaginäre Bedeutungen und historische Schranken der Erkenntnis von Michael Sommer und Dieter Wolf (Argument-Verlag, Hamburg 2008) ist ein Versuch, aus marxistischer Perspektive "Eine Kritik an Cornelius Castoriadis" (so der Untertitel) zu formulieren. Es wäre gut und vielleicht nützlich, wenn sich eine Diskussion über diesen Versuch im Rahmen der agora entwickeln würde. Dazu werden in den nächsten Tagen erste Anstöße formuliert werden.
Dieses Sicherheitsbedürfnis wird offenbar gegenwärtig z.T. auch durch eine "Renaissance" von Marx und Marxismus befriedigt. Das Kapital wird als "Buch zur Finanzkrise" neu entdeckt, und bundesweit bemühen sich Heerscharen geschulter "Linker" der neuen StudentInnengeneration die (seit 140 Jahren) gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse marxistischer Kapitalismusanalyse und -kritik einzuimpfen (z.B. hier nachzulesen).

In diesem Zusammenhang wird auch Cornelius Castoriadis - als einer, der immer zwischen den Stühlen bzw. Ruinen der gescheiterten vergangenen Emanzipationsbewegungen saß, um Auswege aus den historischen Sackgassen zu suchen, die jene mit geschaffen hatten - zur Zielscheibe der Sicherheit suchenden "Kritik", wie auch andere nicht- und nachmarxistischen Anläufe zu einer Neubestimmung der sich heute stellenden theoretischen wie praktischen Fragen einer Autonomiebewegung. Das Buch Imaginäre Bedeutungen und historische Schranken der Erkenntnis von Michael Sommer und Dieter Wolf (Argument-Verlag, Hamburg 2008) ist ein Versuch, aus marxistischer Perspektive "Eine Kritik an Cornelius Castoriadis" (so der Untertitel) zu formulieren. Es wäre gut und vielleicht nützlich, wenn sich eine Diskussion über diesen Versuch im Rahmen der agora entwickeln würde. Dazu werden in den nächsten Tagen erste Anstöße formuliert werden.
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Samstag, 27. Oktober 2007
Fahrrad-Rad / Rat / Räte

Selbstbestimmt (ohne Bosse) & gleicher Lohn (für alle) & sinnvolles Produkt = Nordhäuser imaginäre Rad-/Räte-Lösung.
Kennt jemand noch Alfred Jarry oder Marcel Duchamp? Sie kommen mir hier in den Sinn, und sie wären gewiss absolut solidarisch! Denn hier geht es schlicht um zeitgenössische Pataphysik, readymade:
"La pataphysique est la science des solutions imaginaires, qui accorde symboliquement aux linéaments les propriétés des objets décrits par leur virtualité." (Die Pataphysik ist die Wissenschaft der imaginären Lösungen, die den Grundzügen die Eigenschaften der Gegenstände, wie sie durch ihre Möglichkeiten beschrieben werden, symbolisch zuordnet.) Die Gegenstände sind also, gemäß der Jarry'schen Pataphysik stets mehr als sie selbst: immer zugleich als Möglichkeit eines anderen zu betrachten, das nicht unmittelbar sichtbar ist. Die Aufgabe der Pataphysik besteht darin, den sichtbaren Grundzügen der Objekte (Rad?) die imaginierten Objekte symbolisch zuzuordnen (Räte?).
Betrachtet man Duchamps Fahrrad-Rad auf dem Schemel vor diesem Hintergrund, so kann dieses Werk (von 1913) nicht nur als pataphysische Plastik gelten, sondern auch als anachronistischer Gruß an die Nordhäuser Fahrradbauern: "Es hatte (...) etwas mit der Idee des Zufalls zu tun. In gewisser Weise handelte es sich darum, die Dinge einfach laufen zu lassen und eine Art schöpferischer Atmosphäre (...) zu haben (...). Wahrscheinlich damit diese Ihnen hilft, auf Ideen zu kommen. Zu sehen, wie dieses Rad sich drehte, war sehr beruhigend, sehr tröstlich, in gewisser Hinsicht ein Sich-Öffnen zu anderen Dingen als den materiellen des täglichen Lebens. Ich mochte die Idee, ein Fahrrad-Rad in meinem Atelier zu haben (...) Es war, als ob ich einen offenen Kamin in meinem Atelier hätte, die Bewegung des Rades erinnerte mich an die tanzendemn Flammen in einem Kamin."(Marcel Duchamp, zit. n. Herbert Molderings, "Fahrrad-Rad und Flaschentrockner. Marcel Duchamp als Bildhauer", in: K. v. Berswordt-Wallrabe (Hg.), Marcel Duchamp - Respirateur, Ostfildern 1999, S. 119-144, hier: S. 136.)
Wie man hört, sind die Nordhäuser Fahrrad-Räder inzwischen ausgeliefert worden.
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Donnerstag, 4. Oktober 2007
Der Anstieg der Bedeutungslosigkeit
„Autonomie oder Barbarei“ ist in den Texten von Band 1 der Ausgewählten Schriften - und vor allem im Interview "Der Anstieg der Bedeutungslosigkeit" - deshalb die zumindest implizite Leitformel, weil Castoriadis befürchtet, dass vor unseren Augen eine lange, durch Katastrophen, aber auch durch fruchtbare gesellschaftliche und politische Konflikte geprägte schöpferische geschichtliche Epoche zu Ende geht. Eine Epoche, die nicht nur den Triumphzug von Kapitalismus und Totalitarismus, sondern auch eine Renaissance und Fortentwicklung emanzipatorischer Bewegungen sah: der bürgerlichen Revolutionen, der Arbeiterbewegung, der Frauen-, Studenten- und Jugendbewegungen etc. – alles unterschiedliche Anläufe zur Institutionalisierung eines Entwurfs von Autonomie.
Eine dunkle historische Phase könnte diese Epoche vor unseren Augen ablösen - oder schon abgelöst haben - , gekennzeichnet von blinden Gewaltausbrüchen und gesellschaftlicher Desintegration, doch ohne geschichtliche Kreativität und Alternative. Für diese historische Tendenz steht bei Castoriadis – bereits in der ursprünglichen, klassischen Kampfformel "Socialisme ou Barbarie" – das Wort Barbarei. Die Texte in Autonomie oder Barbarei versuchen auch einige der wenigen heute noch erkennbaren Fluchtlinien einer Wiederaufnahme und Fortführung des kollektiven und individuellen Entwurfs der Autonomie zu markieren.
Die Einzelaspekte und natürlich die Angemessenheit und Stimmigkeit einer solchen - äußerst pessimistisch anmutenden - Diagnose wären zu untersuchen. Näher zu betrachten bleibt unter anderem, was der Topos der "Bedeutungslosigkeit" eigentlich alles bezeichnet - er verweist gewiss in erster Linie auf den für Castoriadis zentralen Begriff der "imaginären Bedeutungen" - als dem "Kern" von Gesellschaftlichkeit überhaupt. Welche theoretischen und praktischen Implikationen hat solch eine "Zeitdiagnose" einer Schwächung (?) des "Kerns" des Gesellschaftlich-Geschichtlichen?
Desweiteren sind die Überlegungen von Castoriadis zum Islam und der Rolle der arabischen Länder, die er in dem Interview (von 1993) vorbringt, nicht ohne Aktualität und Brisanz. Vielleicht sollte man sie einmal zusammenzufassen und gemeinsam zu bewerten versuchen?
Eine dunkle historische Phase könnte diese Epoche vor unseren Augen ablösen - oder schon abgelöst haben - , gekennzeichnet von blinden Gewaltausbrüchen und gesellschaftlicher Desintegration, doch ohne geschichtliche Kreativität und Alternative. Für diese historische Tendenz steht bei Castoriadis – bereits in der ursprünglichen, klassischen Kampfformel "Socialisme ou Barbarie" – das Wort Barbarei. Die Texte in Autonomie oder Barbarei versuchen auch einige der wenigen heute noch erkennbaren Fluchtlinien einer Wiederaufnahme und Fortführung des kollektiven und individuellen Entwurfs der Autonomie zu markieren.
Die Einzelaspekte und natürlich die Angemessenheit und Stimmigkeit einer solchen - äußerst pessimistisch anmutenden - Diagnose wären zu untersuchen. Näher zu betrachten bleibt unter anderem, was der Topos der "Bedeutungslosigkeit" eigentlich alles bezeichnet - er verweist gewiss in erster Linie auf den für Castoriadis zentralen Begriff der "imaginären Bedeutungen" - als dem "Kern" von Gesellschaftlichkeit überhaupt. Welche theoretischen und praktischen Implikationen hat solch eine "Zeitdiagnose" einer Schwächung (?) des "Kerns" des Gesellschaftlich-Geschichtlichen?
Desweiteren sind die Überlegungen von Castoriadis zum Islam und der Rolle der arabischen Länder, die er in dem Interview (von 1993) vorbringt, nicht ohne Aktualität und Brisanz. Vielleicht sollte man sie einmal zusammenzufassen und gemeinsam zu bewerten versuchen?
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Um die Debatte zu beginnen...
In Autonomie oder Barbarei, dem Band 1 der Ausgewählten Schriften von Cornelius Castoriadis, steht der Themenkreis „Probleme einer Politik der Autonomie heute“ im Vordergrund. Die dort versammelten Texte befassen sich mit vielfältigen Aspekten der revolutionären, radikaldemokratischen Tradition und der (pseudo-) „demokratischen“ Theorie und Praxis in der kapitalistischen Gegenwartsgesellschaft.
Dieser gesamte Themenkreis lässt sich unter zwei Gesichtspunkten diskutieren, nämlich zum einen dem der Zeitdiagnose: wie charakterisiert und deutet Castoriadis die zentralen Merkmale und Entwicklungstendenzen der Gegenwartsgesellschaft und wie stimmig sind seine Charakterisierungen und Deutungen? Und zum anderen dem der theoretischen Grundlagen, auf denen diese Gegenwartsdiagnose beruht.
Der erste Gesichtspunkt – so mein Vorschlag – könnte auf diesen Seiten ausgehend von dem einleitenden Interview mit Olivier Morel, „Der Anstieg der Bedeutungslosigkeit“, gut erörtert werden. Die theoretischen Bezüge stellt im Band 1 am ausführlichsten der Aufsatz „Macht, Politik, Autonomie“ her.
Gibt es andere (ergänzende oder dazu quer stehende) Startpunkte? Welche Diskussionsinteressen gibt es darüber hinaus?
Dieser gesamte Themenkreis lässt sich unter zwei Gesichtspunkten diskutieren, nämlich zum einen dem der Zeitdiagnose: wie charakterisiert und deutet Castoriadis die zentralen Merkmale und Entwicklungstendenzen der Gegenwartsgesellschaft und wie stimmig sind seine Charakterisierungen und Deutungen? Und zum anderen dem der theoretischen Grundlagen, auf denen diese Gegenwartsdiagnose beruht.
Der erste Gesichtspunkt – so mein Vorschlag – könnte auf diesen Seiten ausgehend von dem einleitenden Interview mit Olivier Morel, „Der Anstieg der Bedeutungslosigkeit“, gut erörtert werden. Die theoretischen Bezüge stellt im Band 1 am ausführlichsten der Aufsatz „Macht, Politik, Autonomie“ her.
Gibt es andere (ergänzende oder dazu quer stehende) Startpunkte? Welche Diskussionsinteressen gibt es darüber hinaus?
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Gespenst der Selbstverwaltung
Die Fahrradbauer aus Nordhausen haben einen symbolischen Sieg errungen, ihr Streikrad wird fabriziert werden und rollen: siehe dazu etwa den Artikel „Strike-Bike als Marke“ von Peter Nowak in Telepolis. Interessant sind auch die Diskussionsbeiträge zu diesem Artikel, in denen ebenfalls, wie in diesem, das Gespenst der Selbstverwaltung umgeht.
Was dazu veranlasst, auf den in den nächsten Tagen erscheinenden Band 2.1 der Ausgewählten Schriften von Castoriadis hinzuweisen, dessen Aktualität in dieser Hinsicht vielleicht bemerkt werden wird. Der Band trägt den Titel Vom Sozialismus zur autonomen Gesellschaft. Der Inhalt des Sozialismus, und seine Texte kreisen vor allem um die Frage: Wie ist Selbstverwaltung (selbstverwaltete Wirtschaft, selbstverwaltete Arbeit) heute möglich?
Worauf zurückzukommen wäre.
Was dazu veranlasst, auf den in den nächsten Tagen erscheinenden Band 2.1 der Ausgewählten Schriften von Castoriadis hinzuweisen, dessen Aktualität in dieser Hinsicht vielleicht bemerkt werden wird. Der Band trägt den Titel Vom Sozialismus zur autonomen Gesellschaft. Der Inhalt des Sozialismus, und seine Texte kreisen vor allem um die Frage: Wie ist Selbstverwaltung (selbstverwaltete Wirtschaft, selbstverwaltete Arbeit) heute möglich?
Worauf zurückzukommen wäre.
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