Übersicht eines Beitrags zum Castoriadis-Workshop im März 2014 in Berlin
1 Castoriadis zu Ereignissen nach 1970
Ich beginne mit einigen Beobachtungen von Castoriadis aus «Die ‹Rationalität› des Kapitalismus» [FR1997D] (alle Hervorhebungen von mir).
(1) Zum Kapitalismus insgesamt heisst es:
[D]ie zentrale gesellschaftlich imaginäre Bedeutung des Kapitalismus [können wir] als Drang nach grenzenloser Ausweitung «rationaler Kontrolle» bestimmen.
(2) Castoriadis konstatiert eine «ideologische Regression» im Bereich der Ökonomie (und der Politik- wissenschaften):
Dinge, die man aus gutem Grund für gesicherte Erkenntnis halten konnte, wie die vernichtende Kritik der Cambridger Schule (Sraffa, Robinson, Kahn, Keynes, Kalecki, Shackle, Kaldor, Pasinetti usw.) an der akademischen Volkswirtschaftslehre zwischen 1930 und 1965, werden nicht etwa diskutiert oder widerlegt, sondern schlicht dem Schweigen oder Vergessen überantwortet, während Erfindungen von unerhörter Naivität, wie die «Angebotsökonomie» oder der «Monetarismus», das Geschehen bestimmen, und gleichzeitig die Herolde des Neoliberalismus ihre Absurditäten als Gebote des gesunden Menschenverstandes darstellen und die absolute Freiheit der Kapitalbewegungen dabei ist, ganze Produktionszweige in fast allen Ländern zu ruinieren und die Weltwirtschaft sich in ein globales Kasino verwandelt.
(3) Die Wirtschaftspolitik auf der Grundlage der Schriften von Keynes & Co. sind lebensnotwendig für den Kapitalismus, die Regression hätte verhindert werden können:
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sind mehr oder minder regelmässige Lohnerhöhungen und eine staatliche Regulierung der Gesamtnachfrage von der Unternehmerschaft und den Wirtschaftsexperten allgemein akzeptiert worden. Resultat war die längste, nahezu ununterbrochene kapitalistische Expansionsphase («die dreissig glorreichen Jahre»). Wie Kalecki bereits 1943 vorhergesehen hatte, sollte daraus ein zunehmender Druck auf Löhne und Preise erwachsen, was ab den sechziger Jahren auch offenkundig wurde. Es gibt keinen Beleg dafür, da dieser nicht durch eine gemässigte Politik hätte verringert werden können.
(4) Seit den 1970ern erleben wir «den ungehemmten Triumph des kapitalistischen Imaginären in sei- nen krassesten Formen.»
(Hier kann weitergelesen werden [PDF].)
Montag, 24. März 2014
Ulf Martin: Kapital als Institution pseudorationaler Kontrolle
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