Dienstag, 13. November 2012

Glosse und Blog

Helmut Dahmer schreibt in der Vorbemerkung zu seinen gerade erschienenen Interventionen: "Die Glosse gehört zu den 'kleinen' literarischen Formen. Dem Intellektuellen, einem Zeitungs- und Buchleser, der sich nur selten ins politische Getümmel mischt, ermöglicht sie es, in aller Kürze Stellung zu dem zu nehmen, was ihm am Herzen liegt. Er nimmt oft Anstoß, doch Zorn und Begeisterung laufen Gefahr, im Gegrummel zu verenden. Schreibend errettet er sie, versetzt sie mit dem, was er weiß, und überführt sie derart ins Argument."

Das "Bloggen" ist im besten Fall eine solche Überführung von Zorn und Begeisterung ins Argument. Meistens jedoch bleibt es beim digitalen Gegrummel. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man für das (noch so "kleine") Formen von Argumenten Zeit benötigt. Aber der digitale Sog - wie das Unbewusste - kennt keine Zeit, oder, so ahnt man, er vernichtet sie sogar. Andererseits: Hier ist paradoxerweise das Argumentieren ohne Zeitverlust (durch Lektorieren, Korrigieren, Setzen, Drucken) und Wartefrist möglich. Es fragt sich freilich, ob es dann noch ein Argumentieren ist.

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