Dienstag, 16. November 2021

Harald Wolf, L'Auberge Corona - dig it*

Es war ein Unfall in Wuhan, der seit nunmehr eineinhalb Jahren immer weitere vitiöse Kreise und Wellen zieht und überall neue Notstände auslöst, die den weltgesellschaftlichen Alltag beherrschen. Ob das kreis- und notstandsinduzierende accidens wirklich durch zoonotische Virenübertragung in »freier Wildbahn« oder nicht vielleicht doch im Rahmen biotechnologischer »Gain-of-function«-Forschung im Labor sich zutrug , werden wir aufgrund diesbezüglich eindeutiger Interessenlagen und Machtverhältnisse wohl schwerlich je mit Sicherheit erfahren dürfen. Beides verwiese auf gesellschaftliche Verursachungszusammenhänge, die es dringend aufzuklären und zu »behandeln« gälte. Diese bereits im letzten Heft [4 von Im Labyrinth] geäußerte Hoffnung , dass statt über die natürliche »Logik des Virus«, die sogleich ins Zentrum gerückt wurde, über die Unlogik seiner globalen gesellschaftlichen Umwelt – als Auslöser seiner Ausbreitung wie als Motor der parallelen Formierung einer neuen Art von gesellschaftlichem Notstandsmanagement – gesprochen werde, hat sich indes kaum erfüllt. Stattdessen dominiert bei Vielen noch immer die schale Hoffnung auf ein rasches Zurück zur »Sicherheit« und »Normalität« – der überkommenen, in die Irre laufenden Lebens- und Wirtschaftsweisen, »rechten« wie »linken« politischen Agenden, ökonomischen und technischen Projekte; das ist auch das Hauptversprechen jenes Managements, an ihm allein scheint sich dessen Legitimität zu bemessen.

Eine wohl trügerische Hoffnung. Es war ein Unfall – der genau jene Art von »Management« auf den Plan rief, zu der die kapitalistischen Gesellschaften unserer Tage nur fähig sind, nein, die zusammen mit ihrem »Wachstumstrieb« ihren Kern und ihre Betriebsweise ausmacht: das einer techno-bürokratischen Pseudo-Beherrschung von allem, was der Fall ist, »von außen«. Kann ein Mehr und ein »Besser« der Art von gesellschaftlichem »Impfstoff« aber, dessen frühere Variante schon jenen Unfall verursachte, seine Folgen »bekämpfen« und gar gegen sie immunisieren? Es wird mit der Bekämpfung im besten Fall temporär erfolgreich sein.

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* Zuerst erschienen im Juni 2021 in der Kolumne »Was wirklich wichtig sein könnte« von Im Labyrinth – Hefte für Autonomie, Nr. 5, S. 83-87. 

Harald Wolf, L'Auberge Corona*

 Ein »Tsunami«, ein »Naturereignis«, ein »Angriff der Natur« brachte in den ersten Monaten des Jahres 2020 ganze Länder »zum Stillstand«, die seitdem einen Krieg gegen die sie angreifende Natur führen. Der Angreifer ist das #Coronavirus, und allein die »Logik des Virus« diktiert die Kampfmaßnahmen. »Panik? It’s the logic, stupid.« (Der Spiegel, 14.3.2020, S. 6) Damit war die erschreckend stupide Logik und der gemeinsame Nenner von fast allem, was man uns (und was wir uns) nun schon fast ein Jahr lang in die Ohren und in die Augen legt (und uns legen sollen), in ein paar unsinnigen Schlagwörtern verdichtet bereits frühzeitig zusammengefasst. Willkommen – bis der Impfstoff kommt – in der Auberge Corona! 

In die nie ein ernstzunehmender Naturwissenschaftler einziehen würde, weil sie oder er genau weiß, dass kein Virus »angreifen« kann und dass es nicht die »Logik des Virus« ist, sondern die (Un-)Logik und die »Naturgesetze« seiner gesellschaftlichen Umwelt, welche »auf der Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruh[en]« , die über seine Weiterverbreitung und seine Auswirkungen auf die Gesundheit menschlicher Populationen entscheiden. Über die Unlogik dieser globalen gesellschaftlichen Umwelt wäre also zu sprechen gewesen: als Hotspot der Entstehung und pandemischen Ausbreitung zoonotischer Infektionskrankheiten – von denen »Covid« nicht die letzte, sondern eine der ersten gewesen sein wird; und als Hotspot der Formen, Folgen und Opfer eines zunehmend autoritären und vielerorts ungeheuer inkompetenten polit-medizinisch-ökonomisch-medialen »Krisenmanagements«, das dann in alptraumhafter Vertiefung des »langen Schlafs der ›Demokratien‹« (Castoriadis, Im Labyrinth, Nr. 4, S. 13-15) über die Menschheit hereinbrach – und ahnen lässt, was uns noch alles – auch angesichts der ökologischen Zuspitzungen – bevorsteht.

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* Zuerst erschienen im Dezember 2020 in der Kolumne »Was wirklich wichtig sein könnte« von Im Labyrinth – Hefte für Autonomie, Nr. 4, S. 100-103.